Ein Hoch auf die Ineffektivität – das Ineffektivitätsmanifest

Ein Hoch auf die Ineffektivität – das Ineffektivitätsmanifest

Ein Hoch auf die Ineffektivität – und Sabrina geht noch einen Schritt weiter: Das Ineffektivitätsmanifest

Bloß keine Zeit verlieren. Wenn die einmal weg ist…

Kennt Ihr dieses Phänomen, dass man immer besonders effektiv sein will? Quasi Angst vor der Ineffektivität hat? Immer soll möglichst viel auf einem Weg erledigt werden. Alles was geht muss in 24 Stunden hinein gepresst werden. Müll runterbringen nur wenn man eh zur Bahn muss. Den blauen Pulli anziehen und nicht den weißen, weil man heute Abend eh Dunkles waschen will. Lebensmittel nicht spontan einkaufen, sondern nur mit großem Einkaufszettel. Und bloß die Pfandflaschen nicht vergessen. Während man in der Supermarktkassenschlange steht, kurz Emails checken. Im Büro so lange mit dem Gang zur Toilette warten, bis man eh was aus dem Drucker holen muss. Wenn man in die Küche geht, gleich den dreckigen Teller mitnehmen und in die Spülmaschine räumen. 20.45 Uhr, Werbepause, schnell die Wäsche aufhängen. In der S-Bahn dann die komplette WhatsApp-Korrespondenz erledigen. Spazieren gehen? Mmmh ja, wenn ich am Sonntag sowieso nach XY muss, kann ich den Weg eventuell so wählen, dass ich dabei ein bisschen durchs Grüne laufe. Wiedererkannt? Beim Schmunzeln erwischt? Im Grunde ist es aber gar nicht zum Lachen, dass wir uns selbst so unter Zeitdruck setzen.

Der Tag hat 24 Stunden, egal wie sehr wir versuchen ihm noch eine fünfundzwanzigste abzuringen.

Haben wir unterm Strich wirklich mehr Zeit raus, wenn wir uns eine innere Stechuhr zulegen? Bei all der Effektivität kommt doch am Ende nur Quatsch hinten raus. Ich habe schon mal morgens mein Make-up in den Mülleimer geworfen und dafür das benutzte Wattepad in den Schrank gelegt. Oder ich habe den Kaffeeautomaten angestellt ohne eine Tasse drunter zu stellen. Oder ich habe eine Stunde länger im Büro gesessen und am Ende gemerkt, dass ich die ganze Zeit mit einer fehlerhaften Vorlage gearbeitet habe. Alles weil ich besonders effektiv und schnell sein, weil ich besonders viel schaffen wollte.

Warum wollen wir immer so effektiv sein?

Zum einen, um sich Wege zu sparen. Der Mensch ist ein Faultier und läuft nicht gerne zweimal, wenn’s auch ein Weg tut. Es sei denn er gehört zu diesen Hyperaktiven, die mich jedes mal aufregen, wenn sie zum Beispiel im Flugzeug fünfmal hintereinander an das Gepäckfach über meinem Kopf ran müssen. (Leute, ihr gehört zu den großen Prüfungen in meinem Leben und irgendwann werde ich es auch schaffen euch mit Ruhe zu begegnen und tief durch zu atmen. Namaste!) Zum anderen verschafft es ein Gefühl von Zufriedenheit und Stolz, wenn man möglichst viel in einem Tag untergebracht hat. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Anerkennung gibt es unter anderem dafür, dass wir viel schaffen und immer busy sind. Wer sagt „Ich habe soviel zu tun.“ ist ein toller Hecht, denn er/sie gibt alles, lässt nichts unversucht, immer alle Bälle in der Luft zu halten. Man kann ihm/ihr nichts vorwerfen. Wir alle wollen geliebt und getätschelt werden und am Ende des Tages hören: „Das hast du fein gemacht.“ Und manchmal bleibt einem gar nichts anderes übrig als sich abzuhetzen. Wenn die Bahn Verspätung hat und man nicht will, dass das Kind vor der geschlossenen Kita rumsteht. Oder die Präsentation am Montag Morgen fertig sein muss, weil man ansonsten ganz schön blöd da steht im Kundenmeeting. Wenn ich das Tagespensum der berufstätigen Muttis aus meinem Freundeskreis sehe, frage ich mich manchmal: „Wo ist meine Freundin hin und wer zur Hölle ist dieser Cyborg?“ Sie machen jeden Tag das Unmögliche möglich. Vielleicht haben sie so einen tollen Zeitumkehrer wie Hermine aus Harry Potter. Ich muss da bei Gelegenheit mal nachfragen.

Ich habe beschlossen, mit dem ganzen Unsinn ist nun Schluss.

Heute habe ich feierlich das Ineffektivitätsmanifest verabschiedet: Ich bin ab jetzt einfach mal weniger effektiv und lasse den kleinen perfektionistischen Kontrollfreak in mir in der Kiste. Ich gehe Spazieren, um Spazieren zu gehen. Im Supermarkt nehme ich mir richtig Zeit, um jedes Regal mal genau zu studieren. In der Kassenschlange lächle ich freundlich (Vorsicht! Mit verwirrten und irritierten Gesichtern ist zu rechnen!) und werde dann mal kurz meditieren, während der vor mir noch sein Kleingeld zählt. Im Auto werde ich mich nicht aufregen, wenn Opa mit Hut vor mir mit 40 durch die Stadt gurkt, sondern ich schalte WDR 4 ein und singe laut Udo-Jürgens- und Abba-Lieder mit. Wenn ich Lust habe, einfach mal einen ganzen Sonntag im Bett zu liegen, dann mache ich das. Ohne schlechtes Gewissen. Wenn ich denke, jetzt hätte ich noch kurz Zeit für Wäsche, klappe ich die Wäschekiste wieder zu und wasche zwei Tage später. Ich gehe im Büro jede Stunde einfach mal so zehnmal den Gang runter in Richtung Toilette und zurück, als wäre ich bei Germany’s Next Top Model. Wenn ich mich dabei ertappe, wie ich überlege, was ich noch alles erledigen könnte nach Feierabend, mache ich im Kopf einfach ’nen Strich durch und drunter und wähle zwischen Schaumbad, Viparita Karani und dem Buch, das ich die ganze Zeit schon mal lesen wollte. Oder ich kombiniere alle drei und versuche dabei nicht zu ertrinken. Und wenn ich das alles eine Woche lang rigoros durchgezogen habe, quasi konsequent inkonsequent war, kaufe ich mir zur Belohnung einen Strauss Blumen. Was für eine Effektivitätssüchtige wie mich die Krönung des Wahnsinns ist, schließlich habe ich nicht Geburtstag oder so. Ich bin gespannt wie sich das anfühlen wird. Vermutlich so, als hätte ich Hermines Zeitumkehrer.

Bis bald,

Sabrina

PS: Diese tolle Anregung kommt von Sabrina, die Glücksplanet mit ihren Gastbeiträgen bereichert. Sabrina hat schon geträumt vom Geschichtenschreiben, seit sie einen Stift halten konnte. Nach dem Germanistik- und Anglistikstudium und einem Jahr in Australien hat sie ihren Stift erst mal aus der Hand gelegt und sich mit anderen Dingen wie Zahlen, Projektplänen und Präsentationen ausgetobt. Inzwischen hat sie ihren Stift wieder fest im Griff und schreibt über alles was sie umtreibt, mutig, frei und glücklich macht.

Sabrina

PPS: Wer den Zeitumkehrer braucht 😉

Hallo, ich bin Silja. Gründerin von Glücksplanet und Trainerin, Coach, Yogalehrerin, fröhliche Mama von drei Söhnen, glückliche Ehefrau, begeisterte Pflanzenesserin, beseelte Yogaübende. Mein Herz schlägt für Psychologie und Coaching, Yoga und gutes, gesundes Essen. Ich schreibe mit Leidenschaft über alles, was helfen kann ein glückliches, entspanntes und begeistertes Leben zu leben. Mehr findest du auf meiner "Über mich" Seite. Für tägliche Inspiration folge mir auf Facebook oder Instagram.

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