Positiv denken oder sich selbst belügen?

Positiv denken oder sich selbst belügen?

Positiv denken oder sich selbst belügen – was ist was?

Neulich ist mir die Frage gestellt worden, woran ich den Unterschied erkenne, ob ich mich selbst belüge oder einfach etwas positiv sehe. Was mich zum nachdenken gebracht hat, denn wie erklärt man etwas, das man fühlt? Ich will es also heute versuchen, denn ganz viele der Menschen, die ich in Coachings, Seminaren oder Workshops treffe, haben die Sorge, dass sie fortan in einer rosa Wolke versinken und wirklich mäßige Umstände nun nicht mehr als solche erkennen oder gar benennen werden.

Wieso überhaupt positiv denken?

Wo wir bei der Frage wären, was Leute überhaupt zu stärkenden Seminaren, Yoga & Coachingworkshops oder gar in Einzelcoachings treibt. Meiner Erfahrung nach der gleiche Wunsch, der auch mich bis heute auf dem Weg hält: Die tiefe Sehnsucht nach mühelosem Glück. Wie mein Weg begonnen hat und wie ich zwischen Träumen wahr machen und den Moment genießen versuche die Tage zu gestalten, habe ich schon erzählt. Dieser ganze Weg in Richtung Glück einladen und  lernen, wieso wir so schnell frustriert sind und was uns dauerhaft helfen kann, glücklicher zu werden, hat mein Leben bereichert. Er hat diesen Blog entstehen lassen und ist Grundlage meiner Arbeit. Außerdem glaube ich fest daran, dass jeder von uns sein Glück finden kann und sogar, dass das unsere Aufgabe hier ist.

Alle hier zum lernen?

„Earth Love Campus“ stand in meiner heutigen Mail von Tut.com (für eigene Emails einfach hier anmelden – Werbung ohne Auftrag). Jeder, stand da, ist ein Schüler der Liebe. Stimmt oder? Immerhin wünsche wir alle uns sehr im Moment zu versinken. Wir wünschen uns das Strahlen aus Kindertagen zurück und halten die kostbaren Augenblicke, in denen wir die Welt umarmen konnten, fest in unserem Herzen gespeichert – so gut wir können. Was ist jedoch mit all den Ärgernissen in unserem Leben? Mit den Menschen, die uns übel mitspielen, mit Bedingungen, die nicht eingehalten werden, mit Intoleranz, Gewalt, Umweltverschmutzung oder einfach Unzufriedenheit? Darf man auch hier positiv denken oder sprüht man damit quasi Sahne auf Sch….(du weißt, welches Wort hier rein gehört. Ist mein Lieblingsbeispiel, denn selbst wenn wir Sahne drauf sprühen, es bleibt Sch….. – auch wenn sie netter aussieht)?

Wechselhafte Emotionen

Letztlich gibt es den Unterschied nur in unserem Kopf. Zuerst einmal zu den einfachen, aber ärgerlichen Momenten. Ich hab ein Beispiel: An manchen Tagen ist z.B. Regen unerträglich. Alles scheint grau und wir sehnen uns nach Sonne und blauem Himmel. Bei solch einem Regen glücklich zu sein, kommt einem an so einem Tag absurd vor. Dann ruft ein lieber Freund an, es gibt ein tolles Gespräch, wir fühlen uns behaglich und geliebt – und plötzlich ist der Regen egal. Unsere Empfindungen sind wechselhaft, zeigt das. Ständig geht es so.

Wieso wir wechselhaft sind

Die innere Bewertung von dem, was ist, macht uns irgendein Gefühl, quasi wahllos. Manche Gefühle sind für uns positiv, andere fühlen sich nicht gut an. Unser Kopf etikettiert jeden Moment, den wir erleben. All die Schubladen, die er dafür nutzt, sind in unserer Vergangenheit entstanden und mit Erfahrungen und einem unbewussten „Wissen“ verbunden. Wir fühlen also ein Gefühl , was zu einer Erinnerung gehört, an die uns dieser Moment erinnert. Meistens. Positiv denken bedeutet also erstmal nichts anderes, als einen neuen Blickwinkel bewusst zu wählen. Eine neue Erfahrung bewusst zugänglich zu machen. In unserem Beispiel: Das Gute im Regen zu suchen, denn der Regen ist nicht änderbar.

Und was ist mit den wirklich schlimmen Sachen?

Nun gilt das, sorry, für alles. Egal, welches meiner Themen ich wähle: Den Grad an Ärger, Frustration, Angst, Traurigkeit, Ohnmacht, Wut usw. bestimme ich selbst. All meine Meinungen, Interpretationen, Standpunkte sind Produkte meines Geistes. Der setzt das, was ist in Beziehung zu mir. Er lässt das, was geschieht persönlich werden. Der weise Herr Tolle (s.u.) würde diese Instanz  den „Egogeist“ nennen. Eines der Grundbedürfnisse des Egogeistes ist es, den eigenen Selbstwert zu erhalten oder zu erhöhen (siehe Grundbedürfnisse nach Grawe hier) . Die schlimmen Sachen sind deshalb schlimm, weil wir sie so empfinden. Es hängt von unserem Wertesystem, unseren Erfahrungen etc. ab, was wir für wie schrecklich halten.

Sahne auf Sch… sprühen

Nun ist positives Denken nicht, die Gefühle zu unterdrücken und uns den Mist schön zu reden. Was auch gar nicht gehen würde, denn dadurch, dass die Dinge uns aufregen und wir sie persönlich nehmen, können wir sie gar nicht richtig positiv sehen. Es ist anders, als mit dem Regen. Wir haben da Gefühl, hier wäre es wichtig sich aufzuregen, zu kämpfen, zu diskutieren. Es ist wie ein Impuls in uns und wir identifizieren uns mit ihm. „Das ist mir wichtig!“ sagen wir vielleicht oder „Das ist schwer für mich, denn mir ist das..und das..passiert“. Unsere Erfahrungen, Moralvorstellungen und unser Weltbild sorgt dafür, dass wir hier in Wallung geraten.

Der Weg raus – echtes positives Denken

Nun also zum Weg raus: Wenn du verstanden hast, dass dein Gehirn keine total ausgecheckte, allwissende Maschine in dir ist, sondern einfach ein Teil deines Körpers, der wiederkehrende Gedanken auf Basis von alten Informationen produziert, dann weißt du: Du könntest eigentlich immer frei sein. Die einzige Frage ist, welche Identifikationen du loslassen kannst. Das wir manchmal Dinge persönlich nehmen, macht es so schwer. Wenn nun irgendein Ereignis ein richtig ungutes Gefühl in uns aufruft, dann tut es total gut das erst mal wahrzunehmen und sich nicht dafür zu verurteilen. Wir dürfen nämlich ALLES fühlen – wir müssen alles fühlen, bevor wir weiter gehen können. Positives Denken beginnt genau hier: Im Erkennen, dass wir etwas persönlich nehmen. Im Erkennen, dass es hier FÜR UNS nicht nur ums Wetter geht.

Emotionen und das Waschprogramm

Ich hab (wie wir alle) eine ganze Menge toller Strategien, ich nenn sie „Waschprogramme“, die bei unguten Gefühlen abgespult werden, meist ziemlich automatisch. Ich kann wüten, diskutieren, Recht bekommen oder auch mich abschotten, abkapseln, Menschen links liegen lassen. Ich kann Trash TV schauen, früher habe ich auch gerne ein Glas Wein getrunken. Diese Strategien werden bei uns allen aktiv, wenn wir getroffen sind. Sie sorgen dafür, dass wir handeln – statt erstmal zu fühlen. Sie halten uns also fern von unserem „Schmerzkörper“. Wie der funktioniert habe ich übrigens hier erklärt:

Emotionen aushalten lernen

Wenn wir nun glücklicher und freier werden wollen, müssen wir sitzen und die Emotionen einfach beobachten lernen, statt zu reagieren – was super schwer ist. Ehrlich gesagt, ich halte es oft nicht aus. Tief atmen und innen schauen was passiert, braucht die Einsicht: Ich bin mehr als mein Egogeist. Mein Egogeist ist eine Illusion, ein trügerisches Selbstbild, was andere zum Feind werden lässt. Der Feind ist die Situation (z.B. der Stau, das Wetter) oder Menschen („wie kann er nur…“). Du erkennst ihn, wenn du dich beklagst, wütend wirst oder ärgerlich, oft zusammen mit dem Bedürfnis Recht zu bekommen. Der tiefe Wunsch ist, dass es SO nicht sein darf. Aber es ist jetzt gerade so. Positiv denken beginnt also vorher: Beim Aushalten-lernen und das ist was ganz anderes als Sahne sprühen. Es ist mehr ein Blick auf die eigenen Dämonen UND es ist der Griff zur eigenen Fernbedienung, so dass das Waschprogramm nicht mehr automatisch gestartet werden kann.

Kurzer Einwurf: Wir verstärken, was wir ablehnen

Diesen Satz hab ich früher echt gehasst, denn ich hab ihn überhaupt nicht verstanden.“Ich hab doch Recht wenn es um X oder Y geht“, hab ich gedacht und die Faust nicht nur in der Tasche geballt. Nur leider ist es so: Dass, was wir ablehnen, mag uns motivieren etwas zu verändern. Nur die Motivation zur Veränderung und damit ALLES handeln, kommt aus der Ablehnung heraus. Denke ich z.B. etwas ist ungerecht, dann identifiziere ich meist schnell einen oder mehrere „Schuldige“.  Die Emotion in mir lässt mich nun nur noch sehen, was ich sehen will.  Ich sehe quasi nur noch den Fehler. Das Bild wird schwarz – weiß und mein Handeln mündet aus genau dieser Haltung. So verstärkt es die Distanz und damit den Kampf. Auch in mir füttere ich das Bild einer schwarz-weißen Welt. Unbewusst nimmt mein Hirn nun diese Deutung als Hintergrundwahrheit an und scannt damit die Welt um mich. Wodurch ich immer mehr „Schlechtes“ sehe und dann beginne ich mich mehr und mehr danach zu verhalten. Ich kapsle mich ab, werde argwöhnisch, habe Angst und so weiter.

Liebe statt Sahne

Nun zurück zum Anfang: Positiv Denken. Wir könnenden auch sagen: Alles beginnt mit uns. Wir können uns verändern, denn dann verändern wir die Welt.  Positiv denken ist ein 2 Schritte Programm: 1. Identifiziere was dich aufregt und sieh, dass du es persönlich nimmst. Halte die Emotion aus, bis sie vergeht. 2. Suche einen neuen Blickwinkel. Und gerne, 3. geh vor gegen Ungerechtigkeit, gegen Umweltverschmutzung, Gewalt und all das. Aber ohne, dass es dein persönlicher Feldzug wird, sondern aus einer Klarheit heraus, die du nur jenseits deiner Emotionen haben kannst. Diesen Moment jetzt können wir nie ändern, aber den nächsten vielleicht. In Ruhe sagen, was wir uns anders wünschen anstatt zurück zu schießen, wäre eine feine Strategie. Erkennen, wann wir über Regen jammern, ebenso. Das Spiel unserer Emotionen als etwas sehen, was entweder wir stoppen oder was uns manipuliert.  Damit können wir aufhören, uns Situationen zum Feind zu machen und viel befreiter und zufrieden im Jetzt Dinge verändern. Angenehmer Nebeneffekt: Wenn wir nicht emotional sind, arbeitet unser Verstand besser, heißt: Wir finden auch bessere Lösungen, Argumente, Ideen.

Das Leben leicht nehmen

Was ist also dein Wunsch? Willst du recht haben oder glücklich sein? Die Frage ist gar nicht schlecht. Eigentlich heißt sie: Willst du begrenzt bleiben oder immer freier werden? Positiv denken beginnt da, wo wir lernen Emotionen anzunehmen, Trigger zu erkennen, Waschprogramme zu entlarven. In den Augenblicken, in denen wir unseren Kopf einen Moment abgeschaltet bekommen und den Augenblick fühlen, ist meist alles gut. Die Zufriedenheit, das Glück, die Freude und Leichtigkeit, die wir alle suchen ist in uns. Sie ist die Leinwand, auf die das Leben die Momente malt. Sie ist der Hintergrund all unserer Erfahrungen. Wir finden sie immer nur hier, jetzt. Positiv denken kann uns daran erinnern, dass es gut läuft. Also: Dem negativen Gefühl einfach einen positiven Satz entgegen zu setzen, nur um es nicht zu fühlen? Nein. Stattdessen: Erkennen, was wir fühlen. Erkennen, welcher Blickwinkel (unseres Egos) uns zu dem Gefühl bringt, so oft wir können. Bewusst einen neuen Blickwinkel wählen oder – für Fortgeschrittene sozusagen – einfach den Moment umarmen.

Widerstand aufgeben

Den Widerstand gegen das Jetzt aufgeben ist das, was ich gerade übe. Stattdessen bewusst daran arbeiten, dass Dinge künftig anders und besser oder leichter laufen. Beobachten, wo mein Ego sich reinzwängen will (ungefähr überall) und wo ich Augenblicke der schwerelosen Freiheit habe. Wir sind alle soviel mehr als unsere Gedanken, unsere Muster, unsere Beschwerden, Klagen, Schubladen. Eigentlich sind wir alle unendlich, die Frage ist daher nur, wann wir einen Hauch davon spüren.

Was sagt ihr? Ich freu mich auf eure Gedanken rund um Blickwinkel, Freiheit und mehr!

Alles Liebe,

Silja

PS: Das Buch aus dem ich (mal wieder) zitiere:

Wie immer gilt: Gerne im Lieblingsladen kaufen oder über den Link bestellen, bei letzterem profitiere ich ein wenig (Affiliate Link).

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Hallo, ich bin Silja. Gründerin von Glücksplanet und Trainerin, Coach, Yogalehrerin, fröhliche Mama von drei Söhnen, glückliche Ehefrau, begeisterte Pflanzenesserin, beseelte Yogaübende. Mein Herz schlägt für Psychologie und Coaching, Yoga und gutes, gesundes Essen. Ich schreibe mit Leidenschaft über alles, was helfen kann ein glückliches, entspanntes und begeistertes Leben zu leben. Mehr findest du auf meiner "Über mich" Seite. Für tägliche Inspiration folge mir auf Facebook oder Instagram.

2 Kommentare

  1. Jessica 5 Jahren vor

    Guten Morgen Silja,
    „Willst du recht haben oder glücklich sein?“ – in Bezug auf Andere, wo ich denke, meine Ansicht ist jetzt aber die viel Bessere 😉 bin ich sehr fleissig am Üben. Hin- und wieder gelingt es mir gut, zu denken: „nicht mein Zirkus, nicht meine Affen“ – im Büro zum Beispiel. Im Freundeskreis, wo die Menschen mir mehr am Herzen liegen, ist es schwieriger von dem „ich weiß jetzt aber besser was für Dich gut ist“ Abstand zu nehmen. 🙂

    Das Jetzt zu umarmen, (Zähne knirschend) ist mir 6 Wochen lang recht gut gelungen. Ich hatte eine NNH OP, bei der es dem Patienten hinterher erstmal deutlich schlechter geht. Wusste ich, hat jeder Arzt gesagt – Theorie kapiert. Und dann kam die Praxis: Hilfe, mit Wundinfekt, 3 Wochen Antibiotikum und weiterhin für die nächsten Wochen einen Haufen Creme und Öl in den Nebenhöhlen. Ich musste richtig doll an mir Arbeiten, diese OP nicht in Frage zu stellen, an die Heilung zu glauben und mit all den Dingen, die ich so nicht wollte „trotzdem“ gut und freudig durch den Alltag gehen. Jetzt, eine Woche geht es mir gut, bin ich stolz auf mich. Das ich mehr beobachten und fühlen konnte und nicht wie die letzte Wildsau, wütend durch die Tage gemotzt bin.

    Sonnige Grüße, Jessica

    • Autor
      Silja 5 Jahren vor

      Liebe Jessica,
      Oh du Liebe – ich hoffe, es ist nun besser. Verrückt, was all die Programme mit uns machen.
      Liebe Grüße
      Silja

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