49 – Wege gehen, Schritte machen, finden, werden
Dieser Post mag triggern, denn ich habe Lust heut zu teilen, wie gut es tut, wenn wir das Leben leicht nehmen. Was passiert, wenn wir uns ernst nehmen- ok, nicht zu ernst, aber so ein wenig. Ernst genug, um Lust zu haben unseren Weg zu gehen. Was mir neulich in den Sinn kam, als eine der allseits bekannten Fragen durch meinen Kopf düste: „Was würdest du deinem jüngeren Selbst raten?“ lautet sie und ich dachte: Oh, das ist leicht. Das ist einfach, ein Kinderspiel sozusagen. Aber dann musste ich zögern, denn alles, jeder der Wege und der Schritte, all das Finden und das Werden – hat mich hierhin gebracht und ich bin mir sicher, es geht noch ein ganzes Stück weiter.
Wege, die wir gehen
Mein erster Impuls war, meinem jüngeren Selbst ein „Sorg dich nicht. Hab keine Angst. Alles wird gut und du schlägst dich fabelhaft“ zuzurufen. Vielleicht noch ein „Du wirst geliebt. Bist gut genug. Alles kommt wie es kommen soll“. Kurz: Ich wollte ihr raten, all meine morgendlichen Affirmationen einzuatmen. Und dann beschlich mich ein Zweifel, denn der Weg mit all diesem Lernen und Aufräumen hat mich hier hin geführt. Heute, gerade jetzt, fühl ich mich so leicht und hab einen der Momente, in denen ich das alles mehr glauben kann. Fast ganz glauben. Also ist dieser Post heute ein Appell: Kümmern dich ums Aufräumen! Innerlich meine ich. Räum nach und nach auf mit all negativen Emotionen, die dich in Angst und Trauer halten, die zulassen, dass du dein Licht dimmst. Räum auf mit Vorurteilen und Selbstkritik und mit dem Vorsatz dich anzustrengen.
Aufräumen
Wenn ich an das Aufräumen denke, dann denke ich an meine erste Therapie und das Loslassen von Schuld. Wie eine Schnur um meinen Hals schnürte mir die Schuld damals die Kehle zu. Fast 20 Jahre ist das nun her. Damals hat das Aufräumen begonnen. Mit fachkundiger Hilfe zurück gehen und bei dem Moment landen, in denen ich gelernt hatte, nicht richtig zu sein. Wir alle haben solche Momente gesammelt. Neben all dem Lachen und dem Hüpfen gab es die kleinen Begebenheiten, in denen unsere kindliche, wunderschöne Seele einen der Schleier bekommen hat und wir uns ein Stück kleiner gefühlt haben. Mein Moment damals war die Beerdigung meiner Mutter, auf der ich gelächelt habe. Ich konnte nicht anders. Ich war neun. Trotzdem war es wohl nicht angemessen, wie mir Schulfreundinnen später mitteilten. Und ich schämte mich. War voll Schuld. Dazu addierte sich ein unbewusstes Gefühl von anderen, späteren Momenten aus all den Malen, in denen ich Menschen verletzt hatte, unbewusst und ja, auch bewusst. Vergeben lernen war also meine erste Lektion beim Aufräumen. Loslassen, dass ich all diese Verantwortung trage.
Das Hamsterrad
Der zweite Schritt war das Hamsterrad zu verstehen. Was bis heute anhält. Begonnen hat das nach dem Studium, mit Tinnitus im Ohr und auf der Yogamatte und in unzähligen Gesprächen mit Therapeuten und Coaches. Lernen, dass nichts, für das ich renne, keins der „bald“ oder „Wenn ich erst..“ – stimmt. Es ist alles (ALLES!) eine Illusion. Nie ist die To Do Liste ganz leer, denn wir sind nie frei von dem Anspruch an uns, irgendwas zu beweisen. Uns selbst oder anderen. Aufräumen also mit all den Knöpfen, die ich bei mir selbst drücken kann und die andere drücken und die mich rennen lassen. Das Hamsterrad verstehen und lernen, dass nur ich es stoppen kann. Nur ich! Kein Chef und keine Chefin, kein Kontostand, kein Zuspruch – ich alleine muss sagen: Es reicht. Dieser Moment ist es wert, ihn auszukosten. Halt an. Atme.
Lieben
Weitere Lektionen waren: Meinen eigenen Wert nicht davon abhängig zu machen, was ich kann oder tue oder wie ich aussehe oder oder oder oder. Zu verstehen, dass dieses kleinen Mädchen von damals noch immer in mir wohnt. Dass sie liebenswert ist, egal was sie macht. Dass jeder Mensch liebenswert ist. Es nicht an mir ist, jemanden zu verändern. Die meisten von uns schlagen sich prächtig, wir geben unser Bestes. Und wir dürfen uns Hilfe holen, für uns sorgen. Wir können ehrliches Füreinander -dasein lernen. Für meine Familie, für Freunde, für Fremde – und für mich. Ich darf mir Dinge gönnen, nicht aus einer Kompensation heraus wie ein weiterer Beweis für meinen Wert, sondern einfach, weil dieses Leben schön sein soll. Frei und glücklich, voller Freude. vital, strahlend.
Der Stein auf meiner Brust
Und es hört nicht auf. Jede Krise ist eine Möglichkeit etwas zu lernen. In den Krisen begreifen wir etwas Neues, gehen einen nächsten Schritt auf unserem Weg. Darum darf mein jüngeres Selbst diesen Rat nicht kriegen. Die Krisen haben mich geformt. Wie neulich, fast 49 – als über Tage ein riesiger Betonklotz auf meiner Brust zu liegen schien. Manchmal war er unendlich schwer, selten leichter. Und ich hab mich gewehrt gegen ihn! Hab meine ganze Werkzeugkiste bemüht, um nicht tief zu fallen. Habe den Nebel, der dort lag, nicht anschauen wollen. „Wieso geht es mir nicht ganz ganz gut?“ wollte ich in den Himmel schreien. Bis es nicht mehr ging und ich Hilfe brauchte.
Wenn wir hinschauen
Mit meinem Lieblingstherapeuten also dort hinschauen. In das Gefühl gehen und den Weg, wie eine Spurensuche, zurück verfolgen. Und da war sie wieder, 20 Jahre später, die Schuld an so vielen Dingen. Das erdrückende Gefühl verantwortlich zu sein. Für meine Kinder, für meinen Mann, für ihr Glück – wie ich damals verantwortlich war für dieses Mädchen, mit dem ich nicht spielen wollte oder für all die anderen Menschen, denen ich durch mein Weggehen weh getan habe. Sowas von geweint habe ich an diesem Tag neulich! Wahnsinn! Bis sich der Klotz gelichtet hat und ich dachte: Wir sind nur für uns verantwortlich. Wir teilen die Wege miteinander, wir gehen Schritte miteinander, sind alle verbunden. Doch jeder von uns geht seinen Weg in seinem Tempo, mit seinen eigenen Schritten. Tanzend, hüpfend, schleppend, rennend – wofür wir uns auch immer entscheiden. Die Einsicht wäre nicht so klar gekommen, hätte ich nicht hinschauen wollen.
Heute
Heute also ist mein Geburtstag. 49 schöne, wilde Jahre – und zum ersten Mal war ich alleine heute morgen und gestern Abend. Hab schon um neun geschlafen und bin mit der Sonne aufgewacht. Hab meditiert und Yogageübt, gesungen und getanzt. Schreibe jetzt. Neulich hat mich jemand gefragt, ob ich auch das Gefühl habe wunderlich zu werden? Den Kontakt zu verlieren? Und ich dachte: JA! Ich glaub, es wird immer schlimmer. Heute denke ich: So ist es nicht. Es ist eher so, dass in dem Moment, wo wir begreifen, dass wir uns um uns kümmern dürfen den Weg frei machen um mehr da zu sein. Authentisch. Klar. Wenn wir beginnen aufzuräumen, beginnen wir unsere innere Stimme lauter zu hören. Jenseits der Muster und Konditionierungen. Mal laut, mal leise.
In uns
Der Frieden in uns wird deutlich. Dieser sich ausdehnenden Raum des Moments, fernab von allem Morgen und Gestern. Dieser Atemzug, der uns zentriert oder die Vorbeuge, die uns nur unseren Körper spüren lässt. Wenn wir uns nach Innen wenden, haben wir das Gefühl das Außen ein wenig zu verlassen. Tun wir aber nicht. Wir geben nur beidem Raum. Manchmal mag es sein, dass wir den Raum so vermisst haben, dass wir eine ganze Zeit darin brauchen – doch irgendwann kommen wir zurück und sind anders präsent. Auch mit anderen. Die Geschichten sind weg, das Drama lässt nach, der Wunsch zu gefallen wird durchschaubarer – und wir freier. In uns ist alles, ein ganzes Universum, sagen die alten Yogaschriften. Das Gleiche wie Außen, ist auch Innen. Alle Planeten, alles Toben, aller Krieg und aller Frieden. Darum brauchen wir den Frieden innen, um ihn Außen etablieren zu können.
Its my party
Dieses Leben, ihr Lieben, ist unsere Party. Unsere Erfahrung, die wir selbst gestalten. Nicht im Sinne von einem Wunschzettel, einem klaren Ablauf sondern im Sinne von: Lernen wir, frei zu werden? Schaffen wir es, die Schleier all der verstörende Momente runterzureißen und die klaren Farben zu sehen? Unser Leben auf Liebe, Lebensfreude, Frieden auszurichten? Dieses Leben ist ein Geschenk. Ich habe 49 Jahre geschenkt bekommen. Ich habe einiges losgelassen, anderes trage ich noch in mir rum. Ich darf eine große Familie haben, soviel Menschen, die so lieb zu mir sind. Ich darf schreiben. Lehren und lernen. Menschen begleiten. Ich bin also sehr dankbar und sage: Lass uns aufräumen, weiter und weiter und weiter. Bis die Momente der Klarheit sich magisch ausdehnen und unser Alltag werden. Lies also die Bücher, die dich anziehen. Tu die Sachen, die dir gut tun. Lass los, was dir nicht dient. Eigentlich ist es gar nicht so schwer. Na gut, doch ein bisschen.
Happy day ihr Lieben, danke fürs hier sein,
Silja
PS: alle Bilder von Miriam 🙂 (Werbung ohne Auftrag).
21 Kommentare
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Sehr berührend. Ich danke dir von Herzen für deine Zeilen. Reni
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Autor
Liebe Reni,
danke fürs hiersein- und einen herzlichen Gruß zurück,
Silja -
Ein funkelnden ✨✨✨Weg Richtung 50 wünsche ich Dir.
Dein Beitrag hat mich sehr bewegt und nachdenklich gemacht. Ich werde nach Antworten suchen. Manchmal muss man sich nur richtige Fragen stellen. 🙏für die Inspiration. Auch für Gefühl das man wunderlich sein darf oder gerade MUSS-
Autor
Jajaja!
Das gefällt mir gut. Wir müssen alle wunderlicher sein 🙂
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Liebe Silja,
von Herzen sonnige Geburtstagsgrüße hinüber zu Dir, hab einen herrlich bunt verrückten Tag mit viel Geniessen, Wolhfühlen und einfach Sein.und Danke immer wieder für Deine so tief berührenden Zeilen, Dein Teilen, Deine Klarheit, Deine Lebendigkeit.
Silke
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Autor
Liebe Silke,
ich danke dir! Alles gemacht – und so ein schöne Worte von dir noch dazu.
Einen ganz lieben Gruß,
Silja
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Ein wunderbares Fazit über Deine beinahe 50 Jahre beschreibst Du so wunderbar, liebe Silja, so dass wir unser Leben reflektierend Dir so gut nachfüheln können. Und so schön ist, dass wir alle zusammen auf dem Weg sind und uns gegenseitg unterstützen und bekräftigen können daranzubleiben, besonders in dunkleren Momenten, dass es immer wieder heller und leichter wird und bei jedem Schritt den wir erreicht haben, wir so dermassen glücklich und stolz sein können!
Stossen wir, auch mit Wasser oder Saft, auf noch ganz viele schöne Jahre des Lernens, Pflanzens und Erntens an!
Ganz herzliche Grüsse,
Ursula-
Autor
Liebe Ursula,
ja genauso ! habe gerade dein schönes Geschenk ausgepackt und mich sehr gefreut.
Du bist so lieb.
Fühl dich umarmt,
Silja
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Happy Birthday liebe Silja💕
Danke für Deine berührenden Zeilen, Deine herzliche, lebendige, bereichernde und inspirierende Art..-
Autor
Liebe Rita,
so ein liebes Feedback.
Ganz lieben Dank!
Silja
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Liebe Silja, alles erdenklich Liebe und Gute zu deinem Geburtstag!! Danke für deine Offenheit und deine Gedanken! Genieße den Tag mit deinen Lieben!
Bleib gesund !-
Autor
Liebe Andrea,
danke danke danke – freu mich dich bald wieder zu sehen,
alles Liebe,
Silja
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Danke für deinen authentischen Ausdruck liebe Silja. Du bist wunderbar und wundergesinnt aber nicht wunderlich. Möge dein Strahlen noch heller und dein Herz leichter werden im neunen Lebensjahr. 💙
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Autor
Liebe Anna,
ich danke dir sehr. Freu mich auf alles, was noch kommt – auch für uns beide zusammen.
Fühl dich gedrückt!
Silja-
Liebe Silja,
nachträglich alles Gute zum Geburtstag, die besten Wünsche für das neue Lebensjahr und weiterhin ganz viel Freude an den guten Themen über die Du so offen schreibst. Danke und liebe Grüße Dagmar
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Liebe Silja,
ich möchte dir auch noch nachträglich von ganzem Herzen zu deinem Geburtstag gratulieren!💐
Vor allem aber möchte ich dir danken für deine wunderbaren Posts, Beiträge und Stories die ich verfolgen und lesen darf. Du bist dadurch eine liebevolle Begleiterin in meinem Leben geworden. Ich erkenne mich oft in deinen Worten, so auch heute in dem Teil der „Wenn wir hinschauen“, und es hilft so sehr, dass du diese Dinge und das Umgehen damit teilst. Danke!
Du bist eine ganz wunderbare Person und für mich eine Freundin geworden, auch wenn wir uns persönlich nicht kennen!
Eine liebe Umarmung von Susanne 💞-
Autor
Liebe Susanne,
ich drück dich zurück. Danke dir für deine herzlichen Worte – das fühlt sich wirklich verbunden an auch hier.
Ich schick dir also einen lieben Gruß und sage bis bald,
Silja
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Liebe Silja, danke für deine Offenheit! Danke, dass du immer wieder auch über die Aufs und Abs schreibst. Es unterstützt mich sehr – immer wieder. Alles Liebe und happy Birthday nachträglich! Isabel
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Autor
Liebe Isabel,
danke für dein liebes Feedback! Bis bald
Silja
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Liebe Silja,
herzlichste Geburtstagsgrüße nachträglich.
Ich bin fasziniert von Deinem Blog, von Deinem Podcast.
Du hebst Dich hervor, von so vielen und triffst immer genau ins Herz und man fühlt sich so verbunden.
Danke für Dein Teilhabenlassen, !Die Art zu leben, wie Du es Dir ermöglichst, ist eine Inspiration für mich. Ich bin weit davon entfernt, aber träumen ist erlaubt.
Herzliche Grüße und viel Erfolg weiterhin.
Andrea-
Autor
Liebe Andrea,
ich freu mich sehr – danke für deine Glückwünsche und deine lieben Worte.
Hab einen schönen Tag,
Silja
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