Von einer, die auszog das Fasten zu lernen
Leute, es ist Fastenzeit. Und ich lasse mich wieder anstecken. Dabei weiß ich eigentlich schon länger, warum Fasten nix für mich ist. Im Job ist es so: Die Kollegen lassen die Kaffeemaschine links liegen und verziehen angeekelt ihr Gesicht während sie den Teebeutel ins Wasser plumpsen lassen. Es wird auf Wurst (sehr löblich) und Schokolade verzichtet, auf Internet oder Fernsehen. Nikotin und Alkohol sind auch häufig Objekt des Fastens. Also nix mit gemütlich abends am Glas Wein schlürfen.
Ich glaube generell, dass Verzicht eine feine Sache ist, wenn der Körper sagt, dass es zuviel war. Und der Zeitpunkt der Fastenzeit ist ideal – kurz vor Frühling wollen alle den Winter abschütteln und fit und frisch aus der Wäsche schauen -spätestens Ostern halt. Ich dachte also auch, als die ersten Sonnenstrahlen im Februar den Frühling für mich klar eingeläutet haben: Silja! Du solltest auch mal fasten. Bestimmt hast du bisher nicht genug probiert und darum gedacht, dass Fasten nix für dich ist. Also los geht es! Da ich mir (noch) nicht vorstellen kann mehrere Tage oder Wochen nur zu trinken, habe ich mich entschieden auf Zucker und Alkohol zu verzichten und zudem den Anteil von Rohkost in meiner Ernährung zu erhöhen. So weit so gut. Auf Instagram sehe ich schließlich wie fit und frisch die Kolleginnen aussehen, die das so machen. Tja. Und dann habe ich gestartet.
Tag 1
beginnt voller Motivation. Ein neuer Chia-Pudding zum Frühstück statt dem heißgeliebten Vollkornbrot ist richtig lecker. Das Brot fehlt mir trotzdem aber ich bin satt. Energiegeladen sowieso. Der obligatorische Smoothie im Büro reist sowieso täglich mit und dann zu mittag halt noch Salat. Mit Avocado, ich wollte ja schließlich nicht diäten. Ich bin satt. Alles gut, fühle mich tatsächlich energiegeladen. Ob mehr als sonst kann ich nicht sagen. Bin oft energiegeladen. Es ist sowieso so, dass ich immer schon kurz nach Entscheidungen wie „gesünder leben“ mich gleich gesünder fühle. Ohne dass ich irgendwas gemacht habe. Hier also auch. Mein Hirn ist an Tag 1 ein prima Partner! Abends wird es schwerer. Ich brauche etwas Warmes, was mir gut tut. Entscheide mich für ein bisschen Süßkartoffel zum Salat. Ein paar Nüsse statt der heißgeliebten Nougatschoki, ein Becher Ingwertee statt einem Rotwein. Ich bin ein Fels in der Brandung. Aber die Brandung fühlte sich morgens irgendwie noch geiler an als abends.
Tag 2
beginnt irgendwie schleppender. Hilft auch extra-Energie-Yoga nix. Der Pudding ist lecker. Ja. Das Brot wird vom Rest der Familie vertilgt und ich sehe etwas neidisch zu. Der Rest des Tages ähnelt Tag 1 – nur mit weniger Motivation. Kennt ihr das, wenn man sich was vorgenommen hat und plötzlich erscheint einem das Projekt schwachsinnig? Diese in Kakao gehüllten Nüsse am Abend sind allerdings eine tolle Entdeckung.
An Tag 3
habe ich überlegt, dass ich eine Scheibe Brot zum Pudding brauche. Jamm. Lecker. Am Abend geht es dann vollends mit mir durch. Mein Tag war so mäßig, ich bin unausgeschlafen und etwas müde. Ich habe wirklich wirklich Lust auf einen Riegel Schokolade. Mein Mann nascht genüßlich einen Pudding. Macht sich ein Bier auf. Seufz. Ich fühle Neid. Und denke: Hömma! Was machst du hier eigentlich? Man lebt nur einmal! Ich gebe mir innerlich recht. Diese Kasteiung (hüstel) muss nicht sein. Ab die Küche, Schoki wartet. Lecker. Fühlt sich gut an. Neid ist weg.
Tag 4
ist der typische Post-Fastenbrecher Tag. Ich habe keine Lust auf irgendwas zu verzichten. Die Schokolade gestern hat die Fastenzeit beendet. Dass ich sie nicht schon zum Frühstück genieße ist eigentlich alles. Dafür kann meine Familie ihr Frühstück genießen ohne dass ich die Brote anstarre. Ich denke für die anderen ist es entspannter. Für mich auf jeden Fall. Am Abend bin ich mit meinen Freundinnen aus. Der Wein schmeckt.
Tja, soviel zu meinen diesjährigen Fastenerfahrungen. Wie das wohl die Leute machen, die tagelang auf alles verzichten? Nee nee. Ich habe überlegt warum ich wohl nicht fasten kann. Also diesmal. Eigentlich bisher noch nie. Diäten habe ich früher auch nie durchgehalten. Ich kann nur ganz umstellen, siehe vegan. Dann geht das. Eine Phase der Einschränkung scheint mir irgendwie merkwürdig. So als würde ich mir kostbare Lebenszeit versalzen, in dem ich auf das, was ich möchte verzichte. Außerdem meine ich, ich sollte nicht zu streng zu mir sein. Ich bemühe mich um einen gesunden, veganen Lebenswandel mit allem was dazu gehört. Ich mache täglich Salate und Smoothies, esse Bio und Vollwert. Kinders, das muss reichen. Fasten, das dürfen alle die machen, die das können. Ich bin raus. Wobei, drei Tage habe ich ja gefastet. Erfolgreich. Eigentlich gar nicht schlecht.
Ich nehme das Ende meiner Fastenzeit trotzdem mal als Plädoyer:
Lasst uns das Leben so leben, wie wir es wollen. Lasst uns auf unsere Körper hören und das, was sie brauchen. Lasst uns lebensfroh sein, genüsslich aber auch diszipliniert und gründlich. Lasst uns das Essen, was uns gut tut. Das machen, was uns gut tut. Das Leben leben, was wir wollen.
Nach diesem pathetischen neuen Wahlspruch sage ich: Mein Leben mag ich lieber ohne Fastenzeit. Gut, das zu erkennen. Den Pudding behalte ich bei, kleinere Portion und danach ein Brot. Ich hab mich an ihn gewöhnt. Und was das fasten angeht: Wer weiß, vielleicht ändert sich das bei mir irgendwann. Bis dahin genieße ich mal weiter. Muss auch sein. Das Leben scheint mir kurz.
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[…] auf meiner Liste gehabt, wie endlich eine Saftkur machen (wieso das nichts für mich ist steht hier) und konnte sie (natürlich) nie verwirklichen. Was blieb, war Frust. Heut weiß ich: Es waren […]