Yogasutra 1×1: Saucha – oder die Kunst der eigenen Reinheit
Die Yogasutren und ihr Weg zum inneren Frieden, zum magischen Moment der Verbindung mit unserem Höheren Selbst, beschäftigen uns hier nun schon eine ganze Weile. Angekommen bei den Niyamas, beginnt es erstmal (gefühlt) ein wenig profan: Mit der Reinheit. Was jetzt, waschen und so? Jupp – aber nicht nur, denn gemeint ist hier eine viel vielschichtigere Form von Reinheit, die eine Kunst für sich ist und uns so gut tut- innen wie außen.
Die äußere Reinheit
Beginnen wir mit dem offensichtlichen. Ja, du solltest dich regelmäßig waschen, dich pflegen, deinem Körper Gutes tun. Soweit, so klar. Wer sich in der eigenen Haut nicht wohl fühlt, kann viel schwerer meditieren und in die Stille finden. Diese Yogasutren sind halt durchaus logisch. Nun weisen die alten Yogaschriften allerdings auf eine ganze Reihe wunderbarer innerer und äußerer Reinigungsrituale hin, die wir in unserer westlichen Welt gar nicht alle kennen. Wobei, das sei schonmal angemerkt, ich gerne nur auf die eingehen möchte, die ich selber praktiziere. Das Verschlucken von Bändern (und das nachträgliche rausziehen) für die Reinigung des Magens und andere (äh, etwas gewöhnungsbedürftige anmutende) Rituale, bleiben hier außen vor. Neben meinem ayurvedischen Morgenritual aus Bürstenmassage und Ölziehen ist mein täglicher Liebling (aus yogischer Sicht):
Neti
Neti ist der Klassiker und tut so gut! Alle, die regelmäßig an Heuschnupfen, Nasennebenhöhlenentzündungen und anderen wilden Sachen leiden, sei gesagt: Praktiziert Neti! Echt jetzt! Alles, was du brauchst ist so ein wunderschönes, kleines Kännchen (s.u.), etwas warmes Wasser und eine Prise gutes Stein- oder Meersalz. Das Ganze funktioniert so: Das Salz kommt mit samt warmen Wasser ins Kännchen, du lehnst dich mit schrägem Kopf über ein Waschbecken und lässt das Salzwasser in dein höheres Nasenloch (darum der schräge Kopf) hineinlaufen. Spannender Weise läuft es einfach so auf der anderen Seite (unteres Nasenloch) wieder heraus. Wiederhole die Prozedur mit dem anderen Nasenloch und genieß die Frische und das gute Gefühl, dass dein Haupt-Atemkanal wieder ganz sauber ist.
Die innere Reinheit
Neben Neti, Waschen und mehr ist jedoch der Weg zur inneren Reinheit noch viel spannender. Denn, wenn schon eine Dusche nach einem langen Tag so wunderbar gut tut- was können erst andere Praktiken für uns tun, wenn wir sie regelmäßig innerlich anwenden? Für mich gibts drei grobe Möglichkeiten für innere Reinheit zu sorgen: Bewegung, Ernährung und Konsumkontrolle.
Bewegung: Wieso Bauchkreisen ab jetzt dazugehören sollte
Neben dem täglichen Üben der Yogapraxis, die uns frisch macht und fit und mit einer guten Portion Ruhe und Kraft in den Tag starten lässt und Atemübungen (Pranayama, dazu ein anderes Mal mehr), gibt es noch ein weiteres, etwas unbekannteres Reinigungsritual am Morgen, um Magen und Darm sanft zu massieren und aufzuwecken: Nauli. Nauli ist das rhythmische Bewegen der Bauchmuskeln bei gleichzeitiger Atemleere. Hört sich wild an, braucht auch etwas Übung, ist aber für jeden machbar. Hier eine kleine Anleitung:
- Stell dich mit hüftweiten Beinen hin und stütz dich auf deinen Knien auf, so dass du leicht nach vorne gebeugt stehst
- Nun atme tief ein und vollständig wieder aus. Zieh beim Ausatmen den Bauchnabel so weit du kannst nach oben/ innen
- Jetzt beginn mit den Bauchmuskeln um deinen Bauchnabel herum zu kreisen.
- Verzweifle nicht, wenn das erstmal nichts wird- mit der Zeit wird es leichter. Hier auf Instagram TV findest du ein kleines Video von mir samt Anleitung
Ernährung: Sich rein-essen?
Du bist, was du isst? Wieso ich mich pflanzlich ernähre, wie du das testen kannst und wieso Käse bei mir weg bleibt, gibt es hier. Was die Reinheit angeht, so würde uns Patanjali wohl heute davon abraten, zu viel stark Verarbeitetes zu essen und auf Rauschmittel und andere Wohlfühldrogen zu verzichten. Wer innere Klarheit sucht, kann keinen beschwipsten Geist gebrauchen. Ist sowieso ja verrückt, aber seit ich täglich Yoga praktiziere und vor allem, seit ich täglich meditiere, lässt die Lust am fröhlichen Beschwipst- sein merklich nach. Der nächste Morgen wird einfach nie so klar, so rein, so gut starten, wie er könnte. Die yogische Ernährung ist zudem, um es mit der ayurvedischen Sprache zu sagen „sattvig“. Was bedeutet: reif anstelle von unreif, gesund, frisch, nicht vergoren und somit bestens verdaubar. Manche Yogis vermeiden Zwiebeln und Knoblauch, andere, wie Yogi Bhajan, raten dazu. Ich denke: Wir müssen auch hier unseren Weg selbst finden. Frag dich einfach nach einer Mahlzeit:
- Warum habe ich gegessen?
- Warum habe ich das gegessen?
- Wie geht es mir nun?
- Fühle ich mich energievoller oder energieloser als vor der Mahlzeit?
Ich habe eine Zeitlang ein Ernährungstagebuch geführt, was mir ganz schön die Augen geöffnet hat und was ich deshalb guten Gewissens empfehlen kann. Was ich noch bemerkt habe: Das jahreszeitliche Essen tut mir sehr gut und meist ist uns automatisch danach. Wärmende Suppen im Herbst, kühlende Rohkost im Sommer- wenn wir auf uns hören, wissen wir, was auf den Teller sollte.
Geist: Was konsumierst du?
Kommen wir zur geistigen Reinheit, oh die hat es in sich! Bis ich gecheckt habe, dass ich unter Saucha auch diese Kunst sehen kann – hat es gedauert. Die Frage, die hierfür interessant ist: Was konsumiere ich (und warum)? Unser Geist, unser Verhalten, unsere Laune – all das wird beeinflusst durch die Musik, die wir hören, die Filme, die wir sehen, die Bücher, die wir lesen. All das Zeug kann uns inspirieren, auf tolle Gedanken bringen, das Positive in uns herauskitzeln -oder uns herunter ziehen, unsere Ängste füttern, uns deprimieren und frustrieren. Ähnlich wie beim Essen darauf zu achten, was uns positiv und energiegeladen zurück lässt und was nicht, ist daher eine super Idee.
Intention
Außerdem greife ich mal dem Glücksjahr (bitte unbedingt noch vorbestellen und das Give away sichern!) vor und sage: Du brauchst eine tägliche Intention. Eine machtvolle, sich gut anfühlende Intention. Und nein, das ist keine To Do Liste à la „Heute schaffe ich meinen ganzen Stapel Gedöns“ sondern etwas, was sich auf das WIE deines Lebens konzentriert. Je mehr wir fokussieren, wie wir uns fühlen wollen, welche Energie wir in uns haben wollen – umso besser läuft es. Und auch das ist Saucha, Reinheit. Die Reinheit unseres Kopfes. Wozu übrigens auch gehört:
- Verzeihen lernen, statt an Groll anzuhaften
- Sich nicht mehr beschweren, sondern lieber über Gutes nachdenken
- Schlechte Gefühle spüren, um dann zurück in den Moment einzutauchen
- Gnadenlos alle Aktivitäten, Gedankenspiele, Gesprächsthemen streichen, die nicht gut tun
und natürlich:
- Beten
- Hingeben, was heißt: die Kontrolle abgeben
- Spielen
- Lieben, was ist
- Yogatexte und andere tolle Texte, die inspirieren lesen
- Helfen, Gutes tun, die Veränderung sein, die man sich wünscht
Reinheit ist soviel mehr
als nur waschen, oder? Ich liebe die Idee einer täglichen Praxis, die uns immer mehr zu unserer Essenz bringt. Die uns hilft hier und jetzt ganz wir selbst zu sein und die unseren inneren Himmel klar hält. Vielleicht hast du auch tolle Tipps für deine Art Saucha – die Reinheit auszubauen? Ich freu mich wie immer auf Meinungen, Kommentare und schicke einen lieben Gruß
Silja
PS:
ein wundervolles Buch über die Kunst hier im Moment zu sein, was ich in diesem Urlaub wieder entdeckt habe:
Ein Netikännchen sieht so aus:
PPS: Die Links führen zu Amazon und ich profitiere bei einer Bestellung. Noch viel besser kannst du allerdings im Lieblings-Buchladen bestellen, damit er dir erhalten bleibt 🙂
PPPS: Fotos von der bezaubernden Miriam von Liebäugeln (Werbung, ohne Auftrag).
4 Kommentare
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Hallo Silja, ein super schöner Bericht. Vielen Dank für Deine Mühe. Jessi
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Autor
Liebe Jessica,
vielen Dank für dein schönes Feedback. Hab ein tolles Wochenende und bis bald,
Silja
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Wirklich toller Bericht! Ich bin gerade auf dem Weg zurück aus 3 Wochen Schwarzwaldurlaub. Und ich kann Alles! was du schreibst nur bestätigen. Jetzt heißt es die guten Routinen im Alltag aufrecht erhalten
Und endlich ein paar Kalender vorbestellen.😊
Liebe Grüße
Rita-
Autor
Liebe Rita,
ich freu mich sehr – danke dir. Und ja, auf jeden Fall aufrecht erhalten. Und wenn der Alltag mal dazwischen kommt einfach am nächsten Tag wieder weiter machen.
Ganz liebe Grüße
Silja
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