Du bist nicht alleine – was bei Einsamkeit helfen kann
Ich bekomme immer mal wieder Anfragen, was bei akuten Einsamkeitsanfällen helfen könnte. Dabei ist das gar nicht so einfach. Wir alle sind zwischendurch einsam (so zumindest in meinen Vorstellungen) und die Gründe sowie Hilfen sind ganz schön vielfältig. Aber nachdem ich neulich im Facebook-Live schon dadrüber sinniert habe, wird es Zeit für einen Post mit den geballten kleinen und großen Dingen, die mir helfen, wenn ein Gefühl von Einsamkeit und Melancholie mich übermannt. Solltest du also zwischendrin ebenfalls eine starke Sehnsucht nach Verbindung fühlen und ein Gefühl von Mangel spüren – dann mag das dein Post sein. Wir sind nicht alleine, keiner von uns, aber das zu begreifen ist einfach ein langer Weg.
Das Bedürfnis nach Bindung
„Menschen sind Herdentiere“ hört man manchmal und irgendwie hört sich das nicht so charmant an. Wie kleine Schäfchen auf der Weide, mögen wir im Pulk laufen, unserem Leithammel hinterher? Wer sich als Individualist fühlt, möchte spontan (und enthusiastisch) den Kopf schütteln – aber an dem Spruch ist etwas dran. Eines unserer Hauptmotiv ist das Motiv der Bindung. Wir mögen es, mit Gleichgesinnten beisammen zu sein, uns verbunden zu fühlen. Ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit, Zugehörigkeit entsteht, wenn wir Menschen treffen, mit denen wir etwas teilen. Seien es familiäre Bande, eine gemeinsame Leidenschaft (wie in der letzten Woche diese fabelhafte #yogislieblinge Challenge) oder einfach den gleichen Arbeitsplatz (an dem ich übrigens meine besten Freundinnen und meinen zauberhaften Ehemann gefunden habe).
Die Einsamkeit in uns
Egal jedoch, ob wir in einer festen (und sogar glücklichen) Beziehung stecken, das Adressbuch voller lieber Menschen haben (die sich auch mit uns treffen würden) oder tatsächlich gerade ein wenig alleine in z.B. einer neuen Stadt gestrandet sind – die Einsamkeitswelle kann uns alle erfassen. Gefühle wohnen in uns. Sie haben ihren Ursprung in einem zurückliegenden Ereignis und werden sorgsam in den Windungen unseres Gehirns archiviert. Alles, was uns unangenehm ist, was Unsicherheit oder sogar Ängste hervorrufen kann, wird im Archiv so abgelegt, dass wir es leicht wiederfinden können. Kleine Trigger reichen oft schon. So keimt plötzlich, an einem regnerischen Nachmittag, nach einem langen, leicht frustrierenden Tag und dicht gefolgt auf diesen (vermeintlich) abweisenden Blick der Frau Nachbarin ein Gefühl von Einsamkeit in uns. Einfach so erscheint es, manchmal wie eine ganze Welle.
Erinnerungen
Unser Gehirn unterscheidet nicht wirklich, ob wir uns erinnern und etwas fühlen oder ob wir etwas frisch erleben und fühlen. Ich deute das mittlerweile so: Immer dann, wenn mir eine Gefühlswelle irgendwie überdimensioniert zum auslösenden Ereignis (Regen, Müdigkeit, Nachbarinnenblick) erscheinen, ist es ein untrügliches Zeichen dafür, dass hier ein „altes“ Gefühl anklingt. Die Dramatik kommt nicht aus dem Moment jetzt, sondern aus einer anderen Zeit. Meist eine, in der wir unser Gefühle nicht durch vernünftige Gedanken und wirkungsvolle Strategien einfangen konnten, in der wir abhängig waren und schneller verzweifelt, kurz: Sie kommen aus unserer Kindheit.
Gefühle aus einer anderen Zeit
geben sich meist nicht als solche zu erkennen, müssen sie ja auch nicht. Wichtig ist, dass wir verstehen, dass das, was da in uns los ist, wenig mit unserem Leben heute zu tun hat. Unser Gehirn sucht lediglich Ähnlichkeiten, um neue Ereignisse einschätzen zu können. Hierzu sind als negativ abgespeicherte Erlebnisse schneller zugänglich. Mir hilft diese Erkenntnis schon mal sehr, wenn es anfängt in mir traurig und melancholisch zuzugehen. Außerdem kann man den Mechanismus auch für sich nutzen:
Erinnerungen gehen in alle Richtungen
Es gibt mehrere kleine Methoden, um schnell die eigene Stimmung zu ändern. Das nächste Mal, wenn du dich alleine und einsam fühlst, probier daher:
- bewusst die schönen Momente in Gemeinschaft zu erinnern. wichtig dabei: Tauch ganz ein in den Moment. Schließ die Augen, sieh nochmal das Bild oder den kleinen Film, den du abgespeichert hast. Erinnert dich an die Geräusche, vielleicht sogar an Geschmäcker und Gerüche. Und dann fühl in dich hinein. Jedes Gefühl hat einen Ort, an dem es „sitzt“. Spür wie sich das Glück der Gemeinschaft ausbreitet. Wo es dich wärmt und wie es in dir wächst.
- genieß Lieblingsdüfte und Geschmäcker. Wem einmal von etwas schlecht war, der kann es meist nie mehr wieder essen. Unser Geruchs- und Geschmackssinn ist quasi via Schnellstraße mit den dazu gehörenden Emotionen verbunden. Nutz das! An grauen Tagen esse ich „Trostessen“ wie Süßkartoffeln, Pfannkuchen oder Lieblingssuppen. Ebenfalls gut tun Gerüche. Also, dieses tolle Öl aus dem letzten Urlaub noch da? Dann schnell einen Rest auf der Hand verteilen und daran schnuppern – schwups sind andere Gedanken im Kopf!
Sich selbst etwas Gutes tun
Ist sowieso mein Lieblingsmittel gegen Einsamkeitsmelancholieanfälle. Ich bekomme sie seltener, wenn ich gut auf mich achte. Wenn ich meine Grenzen akzeptiere und mich nicht aufopfere in den vermeintlichen Widrigkeiten des Alltags. Durchatmen und
- sich einkuscheln, ein gutes Buch lesen oder einen tollen Film schauen
- einen lieben Menschen anrufen und spüren, dass man gar nicht alleine ist (ja, man muss sich trauen)
- alte Fotos anschauen und sich wundern, wie man früher einmal aussah
- sich auf eine weiche Decke auf den Rücken auf dem Boden an eine Wand legen, die Beine im rechten Winkel an der Wand hochlegen und spüren, wie der ganze Oberkörper entspannt in den Boden sinkt
- eine tolle Yogaklasse besuchen (im Studio oder online)
Sinnlichkeit
Manchmal zeigt unsere Einsamkeit auch einfach nur die Sehnsucht nach einer Berührung. Es tut gut, feste gedrückt zu werden und vielleicht war der Tag nicht von herzlichen Drückern gepflastert? Dann probier folgendes:
- solltest du jemanden bei dir haben (den du magst oder sogar liebst) nimm ihn in den Arm und halte die Umarmung für 2-3 Minuten. Wirkt Wunder, öffnet das Herz
- nimm ein Vollbad, Romantiker bauen hier auch noch Kerzen auf und nutzen den Lieblingsduft (s.o.)
- crem dich ausgiebig mit deinem Lieblingsöl ein, pack dich danach in kuschelige, weiche Sachen und genieße das Gefühl auf deiner Haut
- leg dir deine beiden Hände flach auf die Mitte deines Brustkorbs, da wo dein Herzzentrum sitzt. Bleib einen Moment so und atme tief. Diese Geste tröstet uns mehr als viele andere.
Wenn das Leben hart ist
Manchmal sind wir auch tief getroffen. Keine Laune aus der Vergangenheit macht uns traurig, sondern vielleicht der Verlust eines lieben Menschen. In diesem Fall ist die Trauer notwendig, das Loslassen irgendwann auch. Mir helfen, bei akuten Momenten
- Musik mit der Wingwave-App hören und spüren, wie mein Nervensystem sich ein wenig beruhigt
- das Gespräch mit einem lieben Menschen suchen und darum bitten Beistand zu bekommen
- einen Brief an denjenigen schreiben, den ich verloren habe und dann Abschied nehmen. Sich bedanken für die gemeinsame Zeit, sich gegenseitig alles Gute wünschen – das ist wichtig, damit wir irgendwann loslassen können.
Das Leben
ist Veränderung. Wir wissen nie, was hinter der nächsten Ecke auf uns wartet. Höhen und Tiefen gehören dazu. Ich bin davon weg, sie „weg“ haben zu wollen, aber ich will mich gut um mich kümmern. Wir entscheiden selbst, wie lange und wie ausgiebig wir uns welchen Gefühlen und Gedanken widmen. Wenn du also merkst, du kannst mehr Leichtigkeit vertragen, dann sorg gut für dich. Und vielleicht helfen dir die kleinen Ideen? Hast du noch andere Vorschläge? Dann teil mit uns!
Ich schick euch liebe Grüße und wünsch euch ein wunderbares Wochenende,
Silja
PS:
Eins noch: Im Kurs in Wundern geht es darum, wie verbunden wir miteinander sind. In der Yogaphilosophie ebenfalls. Sich das bewusst zu machen, dass in uns allen ein heller Kern ist, der uns verbindet, das hilft mir auch manchmal.
6 Kommentare
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„Wir wissen nie, was hinter der nächsten Ecke auf uns wartet. Höhen und Tiefen gehören dazu. Ich bin davon weg, sie „weg“ haben zu wollen, aber ich will mich gut um mich kümmern. Wir entscheiden selbst, wie lange und wie ausgiebig wir uns welchen Gefühlen und Gedanken widmen. Wenn du also merkst, du kannst mehr Leichtigkeit vertragen, dann sorg gut für dich.“
So wahr und so wichtig. Besonder das Thema „Annahme“ – jedesmal eine Herausforderung und immer besser als dieser Kampf dagegen. Ein toller Beitrag, ich drücke Dich! Jessica
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Autor
Liebe Jessica,
das freut ich sehr. Danke dir! Und ja. Ich muss mich auch immer und immer wieder daran erinnern. Seufz.
Bis bald,
Silja
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ja, der Kurs kann schon was ..
er hinterlässt Spuren in unserem Inneren, oder – er fegt alte, unbrauchbare, unnötige Ängste weg.
Ich fahre in zwei Wochen wieder für 4 Tage zu einem KiW Seminar. Ich freu mich drauf und freu mich darüber dass auch du dich damit beschäftigst.
Ganz lieben Gruß zu dir geschickt.
Sophia-
Autor
Hallo du Liebe!
Zu einem Seminar ja? Oh das wird sicher toll! Bitte berichten! Ich bin gespannt und ja – er macht viel . Ich liebe die Sichtweise und kann richtig spüren was sie macht. Toll!
Dicker Drücker, bin gespannt,
Silja
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Hallo Silja, danke für den Post und die Tipps. Ich finde gerade jetzt in der Zeit, in der es wieder kälter und dunkler wird, muss man sich bewusst schöne Momente schaffen und gut um sich selbst sorgen.:)
Liebe Grüße, Lena-
Autor
Ja du Liebe!
Da hast du total recht. Liebe Grüße
silja
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