Graue Haare rauswachsen lassen – das 2 Jahres Fazit
Die letzten zwei Jahre war einiges los, nicht nur auf meinem Kopf und doch scheint er irgendwie Sinnbild zu sein für das Leben und die Prozesse, in denen ich stecke. Oder in denen wir alle stecken? Die grauen Haare rauswachsen lassen, das will ich mal vorweg nehmen, war eine ganz gute Idee – auch wenn der Weg noch nicht zu Ende ist und ich manchmal hadere. Beides liegt an mir, wie alles, was in uns vorgeht, an uns liegt. Unsere Geschichte, unsere Gedanken unsere Erwartungen – die ganze wilde Welt in unserem Kopf bestimmt unser Urteil und damit Empfinden. Hier also mein Zwischenfazit zu zwei Jahren grau.
Haare, sonst nichts
„Es ist doch nur meine Haarfarbe“ habe ich anfangs geantwortet, wenn Menschen mich nach den Beweggründen der zunehmenden Pigmentarmut auf meinem Kopf gefragt haben. Was natürlich ein bemüht lässiger Versuch war zu kaschieren, was innen so los ist und war. Letztlich ist das graue Haar nämlich nicht einfach nur irgendwas, es ist wichtig. Ein Meilenstein. Einer von vielen und somit eins der Zeichen mehr ich zu sein. Oder besser: Weniger was anderes sein wollen. Mehr dazu zu stehen, wie ich bin und was ich bin. Auch: Mich freizuschwimmen von Erwartungen.
Gemischtes Doppel
Wobei die Reaktionen die eine Sache waren, denn sie waren größtenteils freundlich, warmherzig, liebevoll oder amüsant (Im Ernst, man kann sich einfach nicht richtig aufregen, wenn Herren mit schütterem oder grauen Haupthaar über die Attraktivität meiner Haarfarbe fabulieren). Die andere Sache war mein Kopf. Einerseits war ich in den zwei Jahren immer wieder happy, zu entdecken, wie ich wirklich aussehe. Andererseits will ein Teil von mir jung sein, sich nicht verändern, attraktiv für andere (ein paar insbesondere) bleiben. Es gab darum durchaus unsichere Tage, an denen ich gehadert hab mit dem, was ich da für meinen Kopf entschieden hatte.
Älterwerden
Über das Älterwerden muss überhaupt auch nochmal geschrieben werden, ein anderes Mal. Mit welchen Glaubenssätzen man hierzu konfrontiert wird und wie fest das Gleichnis jung = gut/ toll/ erstrebenswert in unserer Gesellschaft gilt. Und selbst, wenn wir wissen wie oberflächlich (und unwahr) das alles ist, sind wir dennoch empfänglicher, als wir sein wollen. Also ich zumindest.
Was ist
Dabei ist es ein schöner Prozess, der mit der Farbe sowieso. Die vielen Zentimeter der letzten zwei Jahre sind grau /dunkelblond gemischt. Sie sind weich und glatt, auch anschmiegsam und lassen sich irre gut nach der Dusche durchbürsten. Das, was noch immer an Farbe an letzten Resten in den Spitzen schlummert, ist dagegen ein kleines Vogelnest, wenn ich aus der Dusche steige. (Ich denke darum übrigens immer noch, dass ich am Ende mal so aussehen werde.). Jedoch, wenn ich Bilder sehe, erschrecke ich manchmal. Ungewohnt scheint es mir noch immer. Alte (blonde) Bilder aus Sommerurlauben fühlen sich an wie aus einer anderen Welt. Und an manchen, seltenen, sehr schlechten Tagen scheint es verlockend erstrebenswert, wieder zu färben. Dann muss ich mich kurz erinnern.
Immer ist es anders
Es war damals auch so. Ich kenn es nicht anders, als dass ich zwischendurch kritisch auf Bilder schaue, mir nur manche gefalle. Was auch immer ich gerade kritisierenswert an meiner Optik finde (und ja, ich wünschte, ich könnte einfach alles umarmen, ist aber nicht immer so), es fällt mir auf Bildern doppelt auf. Wir sehen, was wir glauben. Punkt. Wir sehen, was wir sehen wollen. Wir sehen, wovor wir Angst haben. Unsere Wahrnehmung ist durch unsere eigene Brille getrübt. Zum Glück weiß ich das heute. Also auch in dem Urlaub, von dem nur das blonde Lieblingsfoto überblieb, gab es Bilder & damit Momente, an denen ich mich nicht 100 % mochte. Die Haare sind es also nicht, bleibt als Erkenntnis zurück. Meine Selbstkritik ist ein Muster, mehr nicht ( was übrigens die meisten von uns haben).
Es fließen lassen
Fließen lassen, dabei wäre ich wieder. Das Haare wachsen lassen fühlt sich an, wie etwas fließen zu lassen. Beginnen, sich über eine Sache einfach keinen Kopf mehr zu machen. Keine Farben und ihre Passung zu meiner Haut auszusuchen, der Natur zu vertrauen und meinem Bauchgefühl noch mehr. Ja klar, manchmal nervt mich die unterschiedliche Struktur auf meinem Kopf oder auch die verschiedenen Farben. Es bleibt ein Prozess des Annehmens. Veränderung verunsichert uns, genauso wie sie uns stärkt. Wenn ich heute ein Fazit ziehe, dann sage ich: Das Grau werden hilft mir. Es hat Unsicherheiten an die Oberfläche gespült und damit geholfen, mit ihnen zu arbeiten. Es wird leichter, meistens. Außerdem hilft es, wieder etwas durchzuziehen. Einen Schritt mehr zu mir selbst zu gehen hilft auch. Wie das ganze Leben ein werden ist, eine Entwicklung oder Auswicklung.
All die Menschen
Zudem haben soviele tolle Menschen meinen Account und diesen Blog über dieses Thema gefunden. Das hätte ich nie gedacht. Herzlich willkommen ihr alle. Und für jeden gilt: Wie auch immerzu dich entscheidest, ob es grau wird oder bleibt oder nicht – mach das, was sich gut anfühlt. Werd mehr und mehr die Person, die du bist. Leg Masken ab, welche auch immer dich einzuengen beginnen. Es tut unendlich gut zu lernen, dass wir unabhängig sind von dem, was wir meinen, was andere denken. Mehr dahin gehen, sich selbst innerlich dorthin ziehen lassen. Mehr und mehr. Frei sein.
Alles Liebe,
Silja
PS: Wer sich fragt, wie sich die Frage Silikon oder nicht? Entschieden hat: Noch bin ich Nest-bedingt (siehe oben) silikonhaltig unterwegs. Umstellung auf silikonfreie Haarpflege ist geplant. Mal schauen, wann es soweit ist .
16 Kommentare
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Ich liebe deinen (so knallhart ehrlichen) Blog…Silja..und ich freue mich auf weitere News und Erkenntnisse zum Thema Älterwerden…..Haare, Falten, Sehstärke….ach ja…..
Liebe Grüße von der Küste…
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Autor
Liebe Tina,
danke dir – kommt. Haha, bin ich so knallhart ehrlich? Ich nehm das mal als Kompliment.
Liebe Grüße aus dem Ruhrpott an die Küste zurück,
Silja
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Ich habe vor 2 Jahren mich ebenfalls dazu entschieden, nicht mehr zu färben. Bei mir war die Resonanz durchweg positiv.
Ich muss aber auch sagen, es gibt Tage, insbesondere wenn ich mir Bilder anschaue von vor 2 Jahren, da wollte ich schon wieder färben. War aber nur kurz der Anflug. Das umdenken in der Gesellschaft muss stattfinden „graue Haare= alt“. Ich habe mich in jungen Jahren immer mit grauen/weißen Haaren in Latzhose und einfach cool gesehen (ich arbeite dran).
Wir müssen uns einfach von den Zwängen der Gesellschaft und unseren eigenen befreien.
In diesem Sinne, lasst uns cool sein.
Lieben Gruß
Inka-
Autor
Liebe Inka,
das kenne ich nur so gut. Ich glaub außerdem, ich brauch auch eine Latzhose. So eine schöne Vision.
Alles Liebe und ja – lass uns cool sein!
silja
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Liebe Silja,
ich bin eine der, die Deinen Blog über das Thema graue Haare gefunden haben.
In meinem Umfeld sind die Meinungen immer gleich: „Also ich könnte das nicht!“.
Aber warum nicht? Ist man alt, nur weil die Haare grau werden? Ist man weniger attraktiv?
Ich glaube, dass dieser Prozess … ich färbe meine Haare nicht mehr … viel mehr auslöst als nur graue Haare. Es geht tatsächlich darum sich selbst so anzunehmen wie man ist. Es geht darum, dass man es gar nicht nötig hat die Haare zu färben um jung zu erscheinen, weil man selbst gefestigt ist und mit sich selbst im reinen ist. So gesehen ist es bei mir ein ankommen, auf den Weg dazu habe ich mich bereits vor Jahren gemacht.
Weiter so liebe Silja 🙂
Grüße
Julia-
Autor
Liebe Julia,
danke für deine lieben Worte. Ich empfinde es genauso und betrachte gespannt die Prozesse in mir und an mir. Verrückt, es sind halt „nicht nur Haare“.
Alles Liebe,
Silja
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Hallo Silja,
schön, dass du das Thema „graue Haare“ wieder aufgreifst. Ich habe auch zwei Jahre Rauswachsenlassen hinter mir. Ich muss sagen, je länger ich es durchhalte, um so überzeugter bin ich, und um so leichter fällt es mir.Genau über dieses Thema bin ich hier gelandet und muss auch feststellen, dass es um viel mehr geht als um graue Haare. Meine Mutter starb vor drei Jahren, sie fehlt mir noch immer. Ich bin in eine heftige, fast depressiver Trauerphase gestürzt und mit der Erkenntnis wieder wach geworden, dass es jetzt nur noch um Mich geht, um mein wahres Ich 😮 Das soll nicht heißen, dass ich rücksichtslos wäre, im Gegenteil, aber ich höre mehr auf meine innere Stimme und ich weiß, dass ich mich nicht verbiegen muss, um anderen zu gefallen.
Deine grauen Haare und deine Einstellung dazu finde ich super. Zudem greifst du auch viel andere Themen auf, die mich interessieren. Um das Thema Yoga schleiche ich schon lange herum, bin aber totaler Laie und weiß nicht so recht, wie ich es anfangen soll. Wäre ein schöner Ausgleich zu meinen regelmäßigen Walkingrunden.
LG
und weiter so
Silke-
Autor
Liebe Silke,
ja mir geht es genauso, scheint es. Wenn auch ohne solch einen tragischen Verlust. Mein Beileid. Und ja, wir finden irgendwie mehr zu uns, oder?
Yoga ist super. Schau mal welche Studios in deiner Nähe sind und besuch sie nacheinander für eine Probestunde. Yoga ist so unterschiedlich, mit vielen Facetten. Finde das, was dich total glücklich macht. Du solltest tief seufzen 🙂 Hier ist ein Post der dich interessieren kann.
Liebe Grüße und viel Spaß beim Start!
Silja
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Liebe Silja,
kleiner Tipp für die silikonfreie Haarwäsche. Die Seifen Bits und der Conditioner in Seifenform der Firma Rosenrot aus Heilbronn sind einfach wunderbar.
es grüßt dich herzlich aus dem Schwabenland
Andrea-
Autor
Liebe Andrea,
danke dir! Toller Tipp!
Alles Liebe,
Silja
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Ich finde es toll – werde jetzt auch zurück zu meiner Natur gehen und habe die 2 Jahres Reise noch vor mir… Mir erging es andersrum, ich fand mich mit meiner Natur viel authentischer – in meinem Kopf fand aber ein ähnlicher Prozess statt (Das geht doch noch besser) und jetzt… oh wunder – besser unperfekt glücklich und GESUNDES, vor allem PFLEGELEICHTES Haar 😁 Danke für die Motivation, Ich freue mich schon auf grau, sieht mega edel aus!
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Autor
Liebe Maja,
viel Spaß auf der Reise – ich liebe meine grauen Haare!Alles Liebe,
Silja
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Liebe Silja,
ich denke seit einigen Wochen darüber nach, wie ich (52, Mutter von drei Kindern 15,20,22) es schaffe herauszufinden wer ich nach all den Jahren der Kindererziehung bin. Die Veränderungen an meinem Körper, an mir selbst nehme ich jetzt erst richtig wahr. Und ja, ich denke auch darüber nach endlich zu meinen grauen Haaren zu stehen. Wenn ich die Bilder von dir sehen, wie gut dir grau steht, wie ausgeglichen und fröhlich du wirkst, motiviert mich das meine eigene Entdeckungsreise anzugehen.
Liebe Grüße Birgit-
Autor
Liebe Birgit,
ich freu mich, dass du dich auf den Weg machst dich neu zu entdecken.
Hab viel Spaß bei der Reise – ob sie zu Grau führt oder nicht.
Ich freu mich, dass du hier vorbei geschaut hast.
Alles Liebe,
Silja
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Einen lieben Gruss aus Österreich. Ich war ganz radikal und habe mir in der Coronazeit meine bis dahin gefärbten
Haare abgeschnitten. Das heißt, ich hatte eine Glatze. Das war etwas kühl am Kopf , ein Tuch oder eine Haube haben etwas gewärmt. Mein Mann war leicht erschrocken, dann aber fand er es ziemlich cool. Nun habe ich einen modernen
Kurzhaarschnitt und fühle mich wohl. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich manchmal, vor allem wenn ich Bilder von „davor“ anschaue, etwas wehmütig werde. Aber meine Mitmenschen finden es durchwegs super, also alles gut.
Und, ich habe das Gefühl, dass es meinen Haaren und der Kopfhaut gut tut.
Herzliche Grüsse, Monika-
Autor
Liebe Monika,
was für ein mutiger Schritt! Wahnsinn! Ich freu mich für dich und bin mir sicher, es steht dir ganz wunderbar.
Danke für deinen Beitrag und bis bald,
Silja
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