Pause machen – gute Gründe und Ideen für kleine Inseln im Alltag
Wenn nach einem schönen, langem Sommer der Tag kommt, an dem alle wieder ihrer Wege gehen, muss ich mich kurz zusammenreißen, um nicht in Wehmut auszubrechen. Denn das ist mein erster Impuls. Ein Teil von mir will trauern oder sich zumindest mit wütend geballten Fäusten auf den Boden werfen. Da das jedoch weder elegant, noch altersgemäß, noch irgendwie yogisch (ach, was ist überhaupt yogisch?) ist, mache ich gerade etwas anderes – nämlich die To Do Liste für den September (kommt!). Der Spätsommer, so meine zeitverzögerte Einsicht, hat ja auch seine Schokoladenseiten. Ich zum Beispiel sehe mich in einer (noch nicht vorhandenen) Hängematte im leicht bunt gesprenkeltem Blätterwald entspannen und denke mir daher: Ich brauche mal wieder mehr Pausen. Ich glaube sogar, wir alle sollten mehr Pause machen – jeder! Die Welt sähe anders aus, ich bin mir da fast sicher.
Wer Pause macht
Es gibt eine Vielzahl von Studien, die belegen, dass es uns besser geht, wir glücklicher sind und entspannter, wenn wir Pause machen. Man braucht sich ja nur selbst beobachten! Wenn ich Pausen habe, ruhiger werden darf, mich mal ablenken kann oder etwas Grün sehe, dann geht es mir besser. Ich bin mehr bei mir, ausgeglichener, fokussierter und glücklicher – und frage mich daher gerade, wieso ich in das Muster des Keine-Pause-machen-Irrsinns zurückfalle- immer und immer wieder. Tse! Diesen Spätsommer jedoch will ich mehr auf mich achten. Ich bin bereit – und dafür gibt es gute Gründe, denn:
Pausen machen kreativ
Kreativität braucht Müßiggang. Nicht umsonst fahren die Google-Leute mit ihren wilden (bei uns für die Biertouren bekannten) Fahrrädern im Team umher, wenn sie gute Ideen generieren sollen. Der Spaßfaktor und der Ausblick kurbeln die Kreativität an und schwups – läuft es gleich besser. (Frage mich übrigens gerade, wie wohl der Arbeitgeber meiner Wahl auf den Vorschlag der Meetingverlegung auf Partyräder reagieren würde.) Aber mal abgesehen von Fahrrädern, ist das Phänomen auch bei Kindern gut zu beobachten. Wer Heranwachsenden die Elektronik aus der Hand nimmt und sie einem Moment gähnender Langeweile aussetzt (und dann nicht einknickt) kann sehen, wie Kreativität entsteht: Erst wird gemault, dann sich gelangweilt und dann erwacht die Phantasie. So sind schon die schönsten Tage entstanden (wenn ich durchgehalten habe).
Pausen machen glücklich
Wenn das nicht der Hauptgrund ist. Wer genug schläft, ruht, Zeit für sich hat, ist glücklicher. Und nein, außer der Schlafstudie (1 h mehr Schlaf sollen zufriedener machen als eine üppige Gehaltserhöhung), kann ich gerade nichts zitieren. Ich spür es einfach. Die Zeit scheint langsamer zu vergehen, wenn wir es langsam angehen lassen. Wir sind achtsamer, kriegen mehr mit, fühlen mehr. Das Leben scheint reicher, wenn wir Pausen haben und durchatmen können. Zeit ist der wahre Luxus, oder?
Pausen machen gesund
Es gab mal eine Studie über die positive Wirkung von Mittagsschläfchen auf die Herz/Kreislauf-Gesundheit mittelalter Männer. Den Ergebnissen zufolge müssten ganze Firmen Mittags ruhen. Immense Kosten könnten eingespart werden, da jede Menge Fehltage eingespart würden. Mir erklärt sich damit auch diese verstörende Reportage, die ich mal über (ich glaube japanischen Firmen) gesehen habe, in denen der Mittagsschlaf unter oder auf dem Schreibtisch Pflicht war. Aber selbst wenn wir uns nicht gleich hinlegen, machen uns Pausen gesund. Unser Stresspegel sinkt Anspannung lässt in Körper und Geist nach und unser Akku kann auftanken. Im Anschluss sind wir tatsächlich konzentrierter und leistungsstärker und schaffen mehr.
Pausen machen freundlicher
Wann bist du unhöflich oder verärgert? Ich meist, wenn ich in Hektik bin und damit bin ich nicht alleine. Hektik sorgt für einen ungünstigen Tunnelblick, der unser Verhalten beeinflusst. Ich bin immer noch erstaunt über das Ergebnis dieser Studie, in der einige Studenten des Samariterordens untersucht wurden. Den jungen Männern, die ihr Leben dem Helfen verschrieben hatten, wurde mitgeteilt, dass sich der Raum für eine wichtige Prüfung verändert hätte. Der einen Gruppe wurde gesagt, sie hätte für den (neuen) Weg noch genügend Zeit, der anderen Gruppe wurde Zeitdruck vermittelt. Die Teilnehmer beider Gruppen fanden auf ihrem Weg eine offensichtlich hilfsbedürftige Person. Es ist klar, welche Gruppe nicht anhielt, um zu helfen, oder? Hektik vermeiden ist daher Pflicht – nicht nur, damit es uns gut geht.
Pause machen
Wer nun überzeugt ist und mit mir gemeinsam den Spätsommer und Frühherbst für Pausen und fürs Durchatmen nutzen will, der ist herzlich willkommen. Ich hab für uns schon mal ein paar ganz kleine, feine Miniideen zusammen gesucht – Zeit, dass wir gut auf uns achten!
Eine Seite – ein Buch
Ich liebe kurze Lesepausen. Ein paar Sätze lesen, möglichst einen abgeschlossenen Gedanken und dann kurz in die Ferne schauen und über das Gelesene nachsinnen – so herrlich ist das! Für diese kleine Übung eignen sich allerhand schöne Bücher, mein momentaner Liebling ist noch aus der August-Liste und führt mich in die Welt der Philosophie. Tiefe Gedanken auf einer halben Seite – genau so muss es in der Buchpause sein:
Einmal kurz bewegen
Ok, ich liebe dieses Trampolin und manchmal fällt das Füße-hochlegen leichter, wenn ich mich vorher kurz bewegt habe. Genauso gut geht allerdings auch tanzen. Fünf Minuten Bewegung und dann auf den Boden legen (in Ausnahmefällen kann man auch einfach stehen bleiben) und die Energie zirkulieren fühlen. Alle Zellen vibrieren, wenn wir fünf Minuten Gas geben. Dafür gibts heute eins der momentanen Lieblingslieder. Erinnert mich irgendwie an Abba und mit denen bin ich nunmal aufgewachsen:
Mal mal
Sich hinsetzen und kritzeln – einfach so. Farben nehmen, Buntstifte oder Kreide oder einfach einen Kugelschreiber und ein weißes Blatt und ohne Ziel beginnen. Als ich das im letzten Jahr zum ersten Mal im Workshop der bezaubernden Erica Jago gemacht habe, fühlte ich mich erst überfordert. Irgendwie war ich ganz darauf getrimmt, ein vorzeigbares Ergebnis zu kreieren. Mittlerweile geht es besser. Kritzeln, eine Collage kleben oder einfach kleine Figuren malen – tut gut. Die Gedanken fließen anders und mein System fährt runter. Müsste ich eigentlich viel öfter machen.
Im Grünen atmen
In einem Park oder Wald, auf dem Balkon oder unter einem Baum fühlen sich Pausen gleich nochmal andes an. Es ist wie joggen mit Musik oder shoppen mit der besten Freundin. Pausen und Grün ergänzen sich fabelhaft. Wenn du nächstes Mal im Grünen bist um kurz abzuschalten, dann probier dort eine der schönen Atemübungen aus dem Yoga. Ich mag gerne die yogische Vollatmung, wenn ich im Wald rumstehe. Du brauchst hierfür einfach nur mit einem schönen, langen tiefen Atemzug die Luft hineinlassen und erst den Bauch, dann deinen Rippenbogen und bis hoch zum Schlüsselbein mit Luft füllen. Halte dann kurz diese Atemfülle aus und lass den Atem danach in der umgekehrten Reihenfolge langsam ausströmen. Tut so gut und ist eine klasse Sauerstoffdusche.
Liegen
Ich habe Hängemattenphantasien, aber der Boden oder eine kurze Pause auf dem eigenen Bett tun es zur Not auch. Liegen und nur sein. Man kann förmlich fühlen, wie alles ein wenig nach unten sinkt. Wie die Knochen schwerer werden und eine angenehme Entspanntheit einsetzt. Die Muskeln lockern sich und der Atem wird tiefer. Wer einen langen, anstrengenden Tag hinter sich hat, der muss einfach mal kurz liegen. Es ist phänomenal. Und PS: Im Urlaub hatten wir hierbei sogar Besuch von einer flauschigen Katze. Liegen und ein schnurrendes Fellknäuel streicheln sind seitdem auf meiner Top-Pausen-Hitliste ziemlich weit oben. Sehr weit.
So, jetzt bin ich gespannt, wie ihr das mit den Pausen handhabt. Ich schaffe es Zuhause ganz gut auf mich zu achten -im Büro fällt es schon schwerer. Wie schaut es bei euch aus? Und was sind eure Lieblings-Pausenrituale? Ich freu mich auf Anregungen und bin gespannt, wer mit mir entspannt in den Herbst schlendert. Ich bin so langsam bereit.
Alles Liebe & atme durch,
Silja
PS: Das Büchlein oben kann gut im Liebingsbuchladen bestellt werden oder über den Link. Bei Letzterem profitiere ich ein wenig.
8 Kommentare
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Danke liebe Silja, das sind schöne Anregungen!
Ich bin alleinerziehende Mama, da sind kleine Pausen so wichtig.
Mir tut z. B. gut: Mir bewusst und liebevoll eine Tasse Tee zuzubereiten oder ein buntes Schälchen mit Heidelbeeren und einem Stück Bitterschokolade – hinsetzen und genießen. Nach der Arbeit für 10 min. auf das Sofa legen, mit einem großen Kissen zur Herzöffnung unter der Brust. Sonne! Sonne! Sonne!…. egal wie kurz, Hauptsache bewusst, einfach die Wärme spüren, das Licht – das ist pures Energietanken und geht auch mal in der Mittagspause auf Arbeit. Beide Hände auf das Herzchakra legen – das lässt mich irgendwie schon durch die Körperhaltung bei mir sein, geht überall und schafft einen Moment der Stille und Ruhe.Ich lese Dich sehr gerne! Du tust so gut! Also: Silja lesen, ist auch eine wundervolle Pause!
Anna
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Autor
Liebe Anna,
danke dir! Das ist ja ein schönes Feedback. Ich freu mich 🙂 und alle deine kleinen Pausenideen sind wunderschön! Danke dir fürs Teilen! Ich schick dir liebe Grüße
Silja
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Hallo Silja, meine Pause ist täglich nach der Arbeit 30 Minuten auf dem Sofa, ganz bewusst mit Instagram und Facebook, einem Caro Kaffee und einem Stück Bitterschokolade-Trüffel aus dem Gefrierfach. 🙂 Natürlich mache ich auch hier- und da noch ein kleines Päuschen, wie eine Klo-Meditation im Büro ;-), eine Radel-Tour zum Wald und dort steht eine Bank, aber die Zeit nach der Arbeit, bevor die Kinder kommen ist ein Traum.
Liebe Grüße, Jessica
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Autor
Liebe Jessica,
hört sich traumhaft an. Ich glaube, so ein festes Feierabend-Ritual fehlt mir noch. Danke dir für die Anregung und ganz liebe Grüße
Silja
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Meine Pause ist eine andere, ich habe von 40 Stunden Arbeit wöchentlich auf 20 reduziert, das ergibt 2 Tage nur für mich, in denen ich all das tun und lassen kann, was ich will. Nach 40 Jahren Arbeit leiste ich mir diesen Luxus und ich weiß ihn absoi zu schätzen. Es ist beinah wie ein neues Leben, es geht mir gut damit und ich strahle wieder.
Wunder-voll!
Ich freu mich über jeden neuen Beitrag von dir. Danke!-
Autor
Liebe Sophia,
wie toll! Ich bin auch Teilzeit und genieße das sehr! Es ist wunderbar etwas mehr Zeit zu haben. Und ich freu mich, dass ich teil von deiner Freizeit sein darf.
Ganz liebe Grüße
Silja
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Wunderbar! Treffender hätte ich es auch nicht auflisten können 🙂 In der Ära des Smartphones finde ich es darüber hinaus überaus erholsam die Lücken des Alltags (in der Schlange stehen, Straßenbahn fahren, aus dem Fenster schauen) dafür zu nutzen, eben nicht die Langeweile mit dem Blick aufs Smartphone zu vertreiben, sondern mal ganz gezielt vor sich hinzuträumen. Dabei kann man schön seine Gedanken beim Vorbeiziehen beobachten und plötzlich hat man Eingebungen, die sonst gar keinen Platz in unserem Bewusstsein gehabt hätten! 🙂
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Autor
Hallo Karin,
oh ja! Du hast so recht. Das hab ich beim Handy-Detox schon gemerkt. Ich neige auch sehr dazu und musste mich richtig umgewöhnen. Heute genieß ich die bewussten Pausen auch sehr. Danke für die Erinnerung!
Liebe Grüße
Silja
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