
Nach Hause kommen
Ich fahre gerne weg, wirklich. Ok, das Kofferpacken ist nicht meins und vor jeder Abfahrt bin ich so aufgeregt, dass ich richtig schlecht schlafen kann. Es ist, als wüsste mein Nervensystem bereits, dass es sich auf neue Orte wird einstellen müssen und all das Adrenalin für die kommenden Aufregungen wird schon vorher losgelassen. Doch irgendwann bin ich irgendwo. Am liebsten am Meer oder bei lieben Menschen. In diesem Sommer waren wir bei den Kindern, erst in Berlin, dann in London und hatten die beste Zeit. Ich hab es genossen durch die Tage zu spazieren, gut zu essen, zu quatschen und zu lachen. Ich habe Blumenläden gesehen, Parks und tolle Cafés und dann ging es nach Hause.
Ankommen ist wie landen.
Wenn ich ankomme, kann ich nicht anders als mein persönliches „Wieder im Alltag landen“-Ritual durchzuführen. Wir schließen die Haustüre auf und die Koffer landen in unserem Flur. Ein innerer Zwang lässt sie mich jedes Mal in Windeseile auspacken und die erste Waschmaschine beruhigt mich irgendwie. Ich räume aus. All die kleinen Dinge wollen an ihre Plätze. Ladegeräte und Malpinsel (ja, ich hatte welche mit), Ölfläschchen und Haarnadeln. Jeder Handgriff ist ein wenig nach Hause kommen. Wenn genug geräumt wurde, gieße ich die Blumen. Begrüße alle Ecken und renne in den Lieblingssupermarkt. Wie gut es tut aufzufüllen. Welcher Luxus das einfach tun zu können. All diese Schritte lassen mich neu landen in unserem Zuhause. Jedes Mal aufs Neue.
Die Lust auf Alltag
Etwas entspannt sich in mir, wenn ich nach Hause komme. Es ist eine Lust auf meine Normalität, die mich dankbar und glücklich werden lässt. Ich bin keine Minimalisten und es macht mich zufrieden, all meinen Kram wieder um mich zu haben. Die notwendige Verknappung während der Reise wird aufgehoben und plötzlich ist alles wieder da. Ich staune immer noch bewundernd über all die Less-is-more- Kanäle und ihre aufgeräumte Klarheit, nur um dann wieder einen der 22 Kristalle auf meiner Fensterbank zu richten und zu überlegen, welches der Bücher im Stapel neben meinem Bett ich heute weiterlesen will. Es ist wichtig, unsere Eigenarten anzunehmen. Ich bin kein Messi, eher Maximalistin. Mit dem Reisen ist das so ähnlich .Früher wollte ich immer abenteuerlustiger sein, mutiger. Mich in ferne Länder wagen, mit dem Rucksack etwas erkunden. Doch ich fühle mich wohler, wenn ich das Risiko einschätzen kann. Wenn Komfort auf mich wartet und Erholung. Es ist ok, wenn nicht alles für uns ist und es ist es ein Geschenk, sich irgendwo so Zuhause zu fühlen, dass Entspannung einsetzt, wenn man ankommt.
Ganz angekommen
Die Anfangseuphorie weicht meist mit schnellen Schritten dem Alltag. Ich weiß, dass ich wieder ganz angekommen bin, wenn mich die volle Spülmaschine ein wenig nervt und ich dennoch dankbar bin, dass sie für mich wäscht. Alltag mag manchmal ermüdend sein, doch dieser hier ist meiner. Und diese Wohnung in der wir wohnen? Sie ist unser Zuhause. Mit den Kramecken und den Schönheiten. Dem, was noch darauf wartet erledigt zu werden und dem, was zumindest uns perfekt erscheint. Beides ist gut – das Wegfahren wie das Ankommen, doch wenn ich wählen müsste? Ich würde das nach Hause kommen wählen. Hier in diesen Wänden sind die Kinder groß geworden, haben der Supermann und ich hunderte Male Küsse zwischen Türen ausgetauscht. Wir haben Hände gehalten, diskutiert und versucht uns auf einen Film zu einigen. Hier sind nicht nur Sachen, hier wohnen Erinnerungen.
Kinder
Das ist das Spannende gerade mit meinen großen Kindern: Zu sehen, wie sie ihr Zuhause schaffen. Wie Erinnerungen an Wohnorte gebunden werden, in denen nicht mehr ich Zuhause bin, sondern eine Besucherin. Ich liebe es, da reinzuschneien und zuzuschauen, ein Teil zu sein für einen Moment. Im nächsten Augenblick sind sie wieder unter sich und ich gieße die Blumen auf unserem Balkon, schreie etwas die Treppe hoch und fluche über die Wäsche. Wie Wellen langsam Sand ins Meer tragen, tragen die Tage meine Zeit davon und ich freu mich eine Konstante zu fühlen. Boden unter meinen Füßen, der mich trägt. Nach Hause kommen ist auch das: Im Herzen zu wissen, dass die Zeit begrenzt ist. Ich darf entscheiden, wo ich meinen Kopf bette und was ich mein Zuhause nenne.Zuhause, scheint mir, ist eine Mischung aus Menschen, Erinnerungen, Orten und wohnt, mehr als auf dieser Straße, in meinem Herzen.
Wie kommst du nach Hause?
Von Herzen,
Silja
PS: Fotos: Urlaubsimpressionen: London Sonnenuntergang, Eastbourne / Seven Sisters Wanderung/ der Garten von Freunden mit dem besten Kuchen und die dazugehrige Katze.
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